Biophelie in der Farbgestaltung

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Gesundheitsfördernde Farbgestaltung erfordert vielschichtige Kompositionen

In der Gestaltung haben Inspirationen aus der Natur schon lange Konjunktur – und viel zu oft nur dekorativen Charakter. Farben und Motive aus der Natur allein schaffen noch keine natürliche Atmosphäre. Farbgestaltung kann viel mehr: Richtig eingesetzt schaffen Farben eine natürliche Atmosphäre, in der Patientinnen und Patienten schneller gesunden. Erfreulicherweise gewinnt das zugrunde liegende Prinzip der Biophilie neuerdings unter Betreibern und Gestaltern zunehmend an Bedeutung.

Biophilie und heilende Architektur

Der Psychoanalytiker Erich Fromm führte den Begriff Biophilie 1964 in seinem Buch „Die Seele des Menschen“ ein. Biophilie bedeutet demnach „Liebe zum Lebendigen“ oder „Liebe zum Leben“. Der Soziobiologe Edward O. Wilson stellte seine Theorie dazu 20 Jahre später vor. In „Biophilia“ schreibt er 1984: „Die Natur hält den Schlüssel zu unserer ästhetischen, geistigen, kognitiven und sogar spirituellen Zufriedenheit. Je enger sich die Menschen mit der Natur verbunden fühlen, desto besser.“

Im gleichen Jahr prägt der US-Architekturprofessor Roger Ulrich den Begriff der „heilenden Architektur“. Er veröffentlicht im Wissenschaftsmagazin „Science“ eine aufsehenerregende Studie. Ulrich konnte belegen, dass Patienten in Zimmern mit Aussicht auf eine natürliche Umgebung sich nach einer Operation schneller erholten. Zudem brauchten die Patienten mit Ausblick deutlich weniger Schmerzmittel als die Kontrollgruppe in Zimmern mit Blick auf eine Ziegelwand. Seitdem – nun mehr als 30 Jahre lang – untersucht Ulrich die Verbindung zwischen Natur und Medizin. Seine Arbeiten haben erheblich dazu beigetragen, die positive Wirkung von natürlicher Atmosphäre auf den Heilungsprozess zu belegen – und seine Ergebnisse sind in einer Vielzahl von internationalen Studien bestätigt worden.

Erst in der Summe der Nuancen entsteht Natürlichkeit

Was aber macht die Wirkung von naturnahen Atmosphären bzw. natürlicher Farbgestaltung auf die Gesundung aus? Hier lohnt sich ein genauer Blick. Die eingangs erwähnten Farben aus der Natur alleine schaffen noch keine natürliche und gesundheitsfördernde Atmosphäre. Das hat einen einfachen Hintergrund: Reine Farben wirken in der Regel künstlich, weil sie ihren natürlichen Vorbildern nur zu entsprechen scheinen. Tatsächlich finden sich Farben in der Natur nur sehr selten rein und monochrom. Natürlicherweise sind Farben in der Natur gebrochen, vielfach vermittelt – Natur ist also fast immer polychrom.

  Das Blütenblatt (siehe Bild) beispielsweise hat bei genauer Betrachtung keine eindeutige Farbe. Die Oberflächenstruktur ruft eine Vielzahl von Lichtbrechungen mit einer kaum zu benennenden Anzahl von Farbnuancen hervor. Als Betrachter nehmen wir die Summe der Nuancen wahr – zunächst ein Rosa. Je nach Blickwinkel aber entstehen immer neue Nuancen und Farbklänge. Erst diesen natürlichen dauernden Wechsel empfinden wir als angenehm. Es scheint, dass sich unsere Augen evolutionär über Jahrtausende an diese Vielschichtigkeit der farblichen Oberflächen in der Natur gewöhnt haben.

Die wesentliche Erkenntnis lautet also: Erst die feinen Nuancen und ihre Vielfältigkeit erzeugen einen natürlichen Farbklang. Einfarbig gestrichene Wände haben kaum Nuancen und Farbspiel. Ohne das feine Wechselspiel aber reagieren Menschen bei längerer Betrachtung mit Erschöpfung.

Mit durchdachten Farbkonzepten natürliche Atmosphäre schaffen

Eine gelungene gesundheitsfördernde Farbgestaltung muss also zwingend das fein nuancierte Zusammenspiel verschiedener Farbtöne aus der Natur herstellen. Ein Farbton führt, andere Töne begleiten. Es ist ähnlich wie einem Orchester: Erst die verschiedenen Töne und Instrumente ergeben einen harmonischen Gesamtklang.

In Räumen mit längerer Verweildauer übernehmen idealerweise eher zarte, verhülltere  Farben die Führung, in Räumen mit kürzerer Verweildauer können vereinzelt kräftige Töne dazukommen. Sofern die Gestaltung die Töne sorgfältig aufeinander abstimmt, bilden so auch monochrome Flächen mit verschiedenen, benachbarten Tönen einen naturhaften Nuancenreichtum. Besonders gut geeignet sind Farben mit einem hohen Pigmentanteil. Farben mit natürlichen Pigmenten ermöglichen lebendigere Oberflächen, da sich das Licht anders brechen kann.

Natürliche Effekte durch mehrschichtige Wandlasuren

Wandlasuren in einem mehrschichtigen Aufbau sind eine andere Möglichkeit, um lebendige Oberflächen zu kreieren. Der natürliche Effekt entsteht, wenn die Farbpigmente der einzelnen Lasurschichten sich an der feinen Körnigkeit des Untergrundes ablagern können. So bleiben die einzelnen Farben unvermischt erhalten. Nur aus unmittelbarer Nähe aber sind sie als solche zu erkennen. Aus dem Abstand betrachtet vermischen sie sich hingegen zu einem Gesamteindruck, der natürlichen Oberflächen sehr nahekommt. Je nach Licht und Blickrichtung entstehen durch Lasurtechniken immer wieder neue Farbklänge, die den natürlichen Sehgewohnheiten besonders gut entsprechen. So gestaltete Oberflächen wirken anregend ohne zu überfordern.

Fazit: Nuancenreichtum bei gleichzeitiger Überschaubarkeit und Eindeutigkeit

Naturähnliche Farbgestaltung besteht darin, ein harmonisches Zusammenspiel von spannungsreichen Nuancen herzustellen, die unser Wahrnehmungssystem herausfordert ohne es zu überfordern. Naturnahe Atmosphären tragen zu Wohlbefinden und schnellerer Gesundung von Patienten bei.

Farbe ist EIN wichtiger Aspekt bei der Gestaltung von gesunden Umwelten und Atmosphären. Die Farbgestaltung kann jedoch nicht losgelöst vom Raumgefüge gesehen werden. Nicht nur die Frage „Welcher Farbton“ ist relevant, sondern, ganzheitlicher betrachtet, die Frage „Welche Atmosphäre will ich erzeugen?“

04.12.2017 AKNRW Farbseminar Trendorientiertes Farbdesign

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Es GRÜNT so GRÜN…

Und da ist es das dunkle GRÜN, kombiniert mit NUDE und MAUVE Tönen…

Bevor wir in dem mit 30 Teilnehmern ausgebuchten Farbseminar in der Architektenkammer Düsseldorf am Nachmittag auf aktuelle Farbtrends und Farbkombinationen eingingen, legten die Teilnehmer in einem Workshop in den einzelnen Gruppen ganz unabhängig voneinander Farb- und Materialkollagen für eine Hotellobby mit GRÜN in verschiedenen Nuancen und Kombinationen. Überraschend?

Eigentlich nicht. Farben bzw. Farbkombinationen sind ein kräftiges Ausdrucksmittel von Trends. Natur, Entspannung, und vor allem das fast schon inflationär gebrauchte Wort „Nachhaltigkeit“ durchdringen alle gesellschaftlichen Bereiche. Ob in der Mode, im Produktdesign oder im Interior zeigen sich diese Tendenzen natürlich auch in Farbe und Material.

Das dunkle GRÜN hat sich schon 2016 auf der Möbelmesse in Mailand angekündigt und erlebt jetzt seinen Durchbruch neben verschiedenen Pastelltönen. Nicht nur in der Mode sondern auch im Interior. Ein aufmerksamer Gang durch Modeläden und die Sicht auf aktuelle Stoffkollektionen verschiedener Hersteller lohnt sich.

Doch was bedeutet das für den Raum? Wird man der Architektur durch Gestaltung mit Trendfarben gerecht? Wie nachhaltig will man planen? Nachhaltigkeit und Trendfarben – fast schon ein Widerspruch…Diese Fragen diskutierten wir intensiv mit den Teilnehmern…

Das nächste Seminar zu dem Thema „Trendorientiertes Farbdesign“ findet am 10.01. 2018 von 9.30 – 17.30 Uhr auf der Messe Heimtextil in Frankfurt statt.

Schauen Sie vorbei…

 

08.11.2017 Architektenkammer BW Workshop Farbe in der Architektur

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Diesmal in einer sehr coolen Location – im Betriebswerk in Heidelberg – fand das Farbseminar „Farbe in der Architektur“ statt.

Am Vormittag ging es in den praktischen Workshops um das assoziative Legen von Farb- und Materialkollagen. Am Nachmittag wurde es konkret – die Teilnehmer gestalteten ein Farb- und Materialkonzept für eine Hotellobby. Ort, die Art des Hotels sowie die gewünschte Anmutung/ Atmosphäre wurde von den Teilnehmern selbst definiert. Aus vielen Farbtönen und Materialien konnten die Farbkombinationen als Kollage zusammengestellt werden.

Dennoch – darauf weisen wir die Teilnehmer in jedem Seminar hin, sind die sogenannten „Moodboards“ nur eine erste Auswahl und Annährung, ersetzen aber keinesfalls eine Bemusterung vor Ort. Zu viele Aspekte wie Licht, Proportion und  Architektur bleiben unberücksichtigt. Ein Farbton wirkt z.B. auf einer kleinen Fläche in der Regel dunkler und unfarbiger als auf einer großer Fläche. Weiterhin ist die Textur der Oberfläche für einen Farbton von entscheidender Bedeutung. Strukturiertere Oberflächen lassen einen Farbton eher dunkler erscheinen.

WEISS

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Die Farbe WEISS in der Architektur

„WEISS, die Nichtfarbe“ Goethe

„WEISS ist die Summe aller Farben“ Newton

„WEISS ist die Farbe des grossen Schweigens“ Kandinsky

„WEISS ist nicht so sehr eine Farbe als vielmehr die sichtbare Abwesenheit jeglicher Farbe und gleichzeitig auch die Vereinigung sämtlicher Farben.“ Melville

“Mir ist jede Farbe in der Architektur recht, wenn sie nur WEISS ist.” Max Bill

WEISS verlangt nach Perfektion der Oberfläche, es „verzeiht“ nichts wie hier im ersten Bild deutlich zu sehen.

WEISS existiert in einer Fülle unterschiedlichster Nuancen und lässt in seiner starken Reaktionsfähigkeit auf Licht subtilste Nuancierungen des Farbauftrags sichtbar werden.

Ob WEISS als das Fehlen jeglicher Farbe oder als Vereinigung sämtlicher Farben angesehen wird: In der Architektur gilt WEISS in seiner „Reinheit“ als stilistisches Mittel einer allein auf die Form konzentrierten Architektursprache.

Vor allem der Architekt Richard Meier knüpft mit seinem programmatischen Einsatz der Farbe WEISS an die Architektur der Moderne an: „Mich fasziniert die Welt von Licht und Schatten, die unabhängig von allen Assoziationen mit bestimmten Farben und Materialien existiert. Richard Meier steht für die allumfassende und ausschließliche Verwendung der Farbe WEISS in seinen Entwürfen und realisierten Gebäuden. „WEISS erzeugt eine neutrale Oberfläche, auf der ich das Erlebnis eines Raumes aufbaut. Es verstärkt die Wahrnehmung von Organisation und Ordnung der räumlichen Prinzipien. Es erlaubt dem mächtigen Spiel von Licht und Schatten überzeugend zum Ausdruck zu kommen. Es erlaubt dem Licht die Architektur zu durchfluten, das Licht durchdringt sie, das Licht ist überall und kann daher in höchst unverfälschter und fundamentaler Weise erlebt werden.“ (Richard Meier „Die Farbe Weiß“ 2003)

Das Bemühen um Klarheit und Sachlichkeit sind zentrale Anliegen der Moderne. Das reine Kalkweiß charakterisierte Le Corbusier 1925 als absolute, ehrliche und verlässliche Farbe: „Wenn ein Haus vollkommen weiß ist, hebt sich der Umriss der Dinge ohne die Gefahr eines Fehlers davon ab; die Volumina zeigen sich deutlich; die Farben sind eindeutig. Der weiße Anstrich ist absolut, alles hebt sich deutlich davon ab, wie schwarz auf weiß, ehrlich und verlässlich.“ (Le Corbusier, L´Art décoratif d´aujourd´hui, 1925)

26.04.2017 Architektenkammer Stuttgart Workshop Farbe in der Architektur

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Mit 30 Teilnehmer (ausgebucht) erarbeiteten wir in Workshops Farb- und Materialkollagen mit dem Schwerpunkt “Atmosphären”. Fragen wie “was ist der “richtige” Farbton, wie kann ich mein Konzept vorstellen und argumentieren, was wird als harmonisch, was als unharmonisch empfunden, wie kann eine Farbverteilung im Raum aussehen, wie zeigt sich das in der Kollage wurden in der Gruppe diskutiert und in praktischen Übungen umgesetzt. Ein persönliches Teilnehmerkommentar am Schluss: “…das beste Seminar der letzten 3 Jahre…”

Farbe – eine feste Größe?

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Welche Farbe hat die Jacke? Weiß? Grau? Das Farbspiel – in einer Zeitschrift entdeckt – zeigt ganz wunderbar wie Farbe sich verändern kann und wie wichtig es bei der Farbgestaltung ist, Farbe in unterschiedlichen Lichtsituationen zu betrachten. Nicht nur, daß sich Farben im Schatten anders zeigen als im Licht: Bestimmte Farbtöne entwickeln nur im Licht ihre wirkliche Strahlkraft wie warme Gelb- und Rotnuancen. Kühlere sowie verhülltere Gelbtöne kann man durchaus auch im Schatten verwenden. Blautöne hingegen wirken im Schatten sehr gut, manche Blaunuancen entfalten sogar erst ihre volle Intensität im Schatten wie z.B. das tiefe Ultramarinblau.

17.03.2017 Mitglied Jury Innovationspreis Architektur+ Technik

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Einladung als Mitglied in einer fünfköpfigen Jury anlässlich der ISH Messe in Frankfurt (Weltleitmesse Erlebniswelt Bad, Gebäude-, Energie-, Klimatechnik sowie erneuerbare Energien)  um gestalterisch und technisch überzeugende Produkte aus den Bereichen Sanitär und Gebäudetechnik mit dem Innovationspreis auszuzeichen.

Der Preis wird von den Architektur-Fachzeitschriften AIT und xia Intelligente Architektur in Kooperation mit der Messe Frankfurt bereits zum 18. Mal an Industrieunternehmen und verarbeitende Betriebe, Architekten, Innenarchitekten und Designer vergeben.

Der Preis richtet sich an Hersteller innovativer Produkte aus den Bereichen der Gebäudetechnik und Erlebniswelt Bad sowie an Architekten und Innenarchitekten, deren Tätigkeitsfeld diese Aufgaben umfasst.

Mitglieder der Jury:

Nicole Kerstin Berganski | NKBAK | Frankfurt am Main
Malte Just | Just/Burgeff Architekten | Frankfurt am Main
Simone Ferrari | Simone Ferrari Innenarchitektur | Seeheim-Jugenheim
Natascha Merz | Natascha Merz Innenarchitektur | Frankfurt am Main
Dieter Schmidt | Schmidt Holzinger Innenarchitekten | Rodgau

Farbe eine feste Größe?

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Es war einmal ein dunkles Grün…Die Farbtonstabilität hängt von der Zusammensetzung der Beschichtungsstoffe ab. Die Stabilität der verwendeten Pigmente und Bindemittel ist hier von entscheidender Bedeutung. Organische und anorganische Pigmente verhalten sich sehr unterschiedlich bezüglich Lichtechtheit und Intensität. Anorganische Pigmente sind lichtechter als organische Pigmente, dafür weniger farbintensiv. Organische Pigmente sind zwar farbintensiver, dafür weniger stabil.

Die Farbtonbeständigkeit z.B. von Fassadenfarben ist im BFS-Merkblatt Nr. 26 „Farbveränderungen von Beschichtungen im Außenbereich“ klassifiziert. Hierbei werden Fassadenfarben in die Bindemitteklassen und Pigmente in Gruppen eingeteilt.

Neugierig geworden? Schauen Sie vorbei. In dem Seminar “Farbe in der Architektur” beleuchten wir u.a. diese Themen:

  • Zusammenhänge und Wechselwirkungen von Farbe
  • Farbstoff: Überblick und kleine Materialkunde von Farbpigmenten – Farbechtheit und Farbbeständigkeit, technische Daten (Hellbezugswert, Farbbeständigkeit, Abriebfestigkeit, etc.)
  • Farbmittel: Arten und Eigenschaften der wichtigsten Farbmaterialien (Lasuren, Lacke, Kalkfarben, Dispersionsfarben, u.a.)
  • Farberleben anhand von praktischen Workshops in Gruppen
  • Argumentation und Präsentation
  • Checkliste zur Farbgestaltung

Termine unter: http://www.simoneferrari.de/offentliches/

10.01.2017 Messe “Heimtextil” Frankfurt Farbseminar Trendorientiertes Farbdesign

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THE PAST IS THE PAST – THE PRESENT WON‘T LAST – BUT THE FUTURE IS IN OUR HANDS.

Trends beschreiben Strömungen und Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft. Sie entstehen aus den Bedürfnissen der Gesellschaft heraus und entwickeln sich in alle Lebensbereiche hinein. Aktuelle Trends stellen immer nur eine Momentaufnahme dar, sie entstehen nicht aus dem Nichts, sondern Trends sind als kontinuierliche Entwicklung zu begreifen

So ist auch der Einsatz von Farben und Materialien wie Möbeldesign, Mode oder auch Musik Trends unterworfen. In dem Seminar auf der Messe „Heimtextil“ in Frankfurt am Main haben wir aktuelle Fragestellungen beleuchtet: wie entstehen Trends, was sind vorherrschende Trends und wie lassen sich diese umsetzen. Ob Trends auch Grenzen in der Gestaltung haben, speziell in Bezug auf Farbe und Material haben wir mit beispielhaften Projekten und aktuellen Entwicklungen zur Diskussion gestellt.

Das Seminar, veranstaltet durch den Bund Deutscher Innenarchitekten, war mit 23 Teilnehmern während der laufenden Messe sehr gut besucht.

Welcher Farbfächer ist der Richtige?

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Diese Frage wird mir oft in Farbseminaren und Farbworkshops gestellt. Ich möchte ein Beispiel aus meiner Farbberatung anführen:

Für das Schlossmuseum Darmstadt wurde ich mit der Erstellung eines Farbkonzeptes beauftragt. Es ging nicht nur um die Festlegung der Wandtöne, sondern vor allem um die Farbigkeit der Ausstellungsvitrinen und der Empfangstheke mit Museumsshop.

In einen der ersten Gespräche (der Schreiner stand noch nicht fest) fiel die Wahl schnell und einstimmig auf einen feinen, verhüllten Grünton aus dem Caparol 3D-System als matte Lackoberfläche für die Ausstellungsvitrinen. Bei der Empfangstheke war die Farbauswahl sehr eingegrenzt, da ein Schichtstoff gewünscht war. Mit den Möbeln wurden zwei verschiedene Schreiner beauftragt. Der Schreiner der Vitrinen-Möbel konnte aber nur den Lack nach NCS abtönen. Also hieß es einen vergleichbaren Ton im NCS Fächer zu finden. Dies war nicht so einfach, da die Töne des NCS Fächers klarer und farbiger sind (da herstellerunabhängig und nicht materialbezogen) und die Breite der verhüllten Nuancen nicht so groß ist wie in dem 3D-System plus (Auswahl der Farben architekturbezogen). Der Ton konnte nur annährend in NCS „übersetzt“ werden.

Der andere Schreiner, der mit dem Thekenbau beauftragt wurde, hatte die Möglichkeit alle Töne einzumessen und dementsprechend zu tönen. Hier lag die Herausforderung vielmehr darin, die 4 Töne des Schichtstoffs exakt einzumessen, da auch im gleichen Farbton des Schichtstoffs  Lackflächen im Shopbereich vorgesehen waren. (Achtung! Bei gleichen Farbtönen bei angrenzenden Flächen in unterschiedlicher Materialität – hier Lack und Schichtstoff – kann es bei Kunstlicht zu einem Metamerie-Effekt kommen).

Wenn möglich sollte also zuallererst geklärt werden, mit welchen Farbsystem/ fächer  (in diesem Fall) der Schreiner arbeitet und ob er jeden Ton abtönen kann. Hat man sich erstmal auf einen Farbton festgelegt, ist es schwer sich wieder von ihm in seinen feinen Nuancen zu verabschieden. D.h. die Wahl des Fächers ist u.a. abhängig von Material, Gewerk bzw. Handwerker und Hersteller.

Selbstverständlich gilt dies auch für andere Bereiche wie z.B. der Möbel. Im Moment geht der Trend im Möbelbereich zu Farbe „allover“ d.h. Sitzfläche und Gestell werden vermehrt in der gleichen Farbigkeit angefragt. Was bieten hier Hersteller an? Eine eigene meist sehr eingeschränkte Farbkollektion? Kann nach RAL Classic (213 Farbtöne) abgetönt werden? Besser noch nach RAL-Design (1625 Farbtöne)?

Bei der RAL Classic Farbtonkarte handelt es sich z.B. um eine reine Sammlung von Einzelfarbtönen, die für konkrete Belange aus Industrie und gesellschaftlichem Leben von allgemeinem Interesse sind. Sie definieren Standards für die Produktherstellung und ermöglichen Planbarkeit und “Identifikation”. Beispiele: RAL 1015 Hellelfenbein: bis 2004 die gesetzlich vorgeschriebene Farbe für Taxis, RAL 4010 Telemagenta: die Unternehmensfarbe der Telekom oder RAL 9016 Verkehrsweiß: Standardfarbton für Lichtschalter, Steckdosen, Heizkörper, Kabelkanäle u.ä.

Wann nimmt man welchen Farbfächer? Was unterscheidet die Farbsysteme/ fächer voneinander? Wie sind sie aufgebaut? Diese Fragen und mehr werden in meinen Farbseminaren beantwortet. Schauen Sie vorbei.

03.11.2016 Architektenkammer Karlsruhe Farbseminar Farbe in der Architektur

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Mit 30 Teilnehmer  – ausgebucht – ging es an dem Tag wieder um Grundlagen in der Gestaltung mit Farbe als Ton und Material. Viele Teilnehmer brachten ganz konkrete Fragen mit: wie treffe ich den richtigen Ton wenn nich nur weiss und grau, wie argumentiere ich Farbe, nach welchen Kriterien gestalte ich Büroräume und wie Räume für Kinder? Einige dieser Fragen konnten beantwortet werden und am Abend war klar: das Seminar sollte mindestens zwei Tage dauern wie eine Teilnehmerin hier schreibt.

Farbe – Als Volumen oder Fläche in der Architektur?

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Folgt Farbe der Architektur? Betont Farbe das Volumen? Bislang habe ich Farbe dreidimensional in der Architektur gedacht und nicht flächig. Hier im Treppenhaus und auch in der Mensa am Bauhaus Dessau wurde Farbe flächig eingesetzt und folgt nur in Teilen dem Volumen wie am Beispiel der Träger zu sehen ist. Die Farbe wurde nicht vollständig um den Träger gelegt sondern sie ist nur an den Seiten zu sehen. Die Trägerunterseite bleibt weiß. Für mich eine neue und interessante Sichtweise des Herangehens, stellte ich überrascht fest – als ich dort im Raum stand – obwohl ich mir natürlich die folgenden Fragen bei der Entwicklung eines neuen Farbkonzepts immer stelle: Farbe im Raum – will ich mit Farbe unterstützen? Verbinden? Betonen? Verzerren? Isolieren? Interpretieren?

Farberleben – Einflussfaktoren in der Farbgestaltung

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Farbgestaltung führt immer zu einem Farberleben, das von Menschen sehr individuell wahrgenommen wird. Es handelt sich dabei um einen vielschichtigen Bewertungsprozess. Die Farbwirkung hängt nicht zuletzt von der persönlichen Neugier oder Gleichgültigkeit des Betrachters und seiner intelektuellen und emotionalen Verarbeitung ab. Es spielt bei der Bewertung von Farbe eine entscheidende Rolle in welchem kulturellen Kontext der Betrachter aufgewachsen ist, welche  Vorerfahrungen er hat, welches persönliches Verhältnis er zur Farbe entwickelt hat. Auch ist das Farberleben in Zusammenhang von gesellschaftlichen Entwicklungen und kulturellen Trends zu sehen. Weiterhin sind die Reaktionen auf Farbe von Faktoren abhängig wie: Farbton, Sättigung und Helligkeitsgrad – in welcher Quantität wird der Farbton angebracht, in welchem Zusammenhang steht er zu anderen Farbtönen und wie lange hält der Betrachter sich in einem Raum auf?

Diese unterschiedlichen Faktoren beeinflussen uns mehr oder minder unbewußt und sind bedeutend bei der Erstellung eines Farbkonzepts und vor allem bei der Präsentation des Farbentwurfs. Wer ist mein Gegenüber, welches persönliche Verhältnis hat er oder sie zur Farbe. Dies möchte ich an einem Beispiel aus meiner Praxis verdeutlichen:

Der Auftraggeber wünschte sich für sein Arbeitszimmer einen kräftigen, kühlen, frischen Ton an der einen Wand. Als ich ihm in einer Farb- und Materialkollage zu dem vorhanden Holz und den weißen Möbeln ein Türkis vorschlug, wehrte er ab und teilte mir mit das Türkis ein „no go“ sei. Im weiteren Gesprächsverlauf stellte sich heraus, daß seine Mutter immer einen türkisfarbenen Pullover getragen hatte. Diese Farbe schien negativ besetzt.

Genauso wichtig ist sich sein eigenes Verhältnis zur Farbe bewusst zu machen, um unabhängig von Farbvorlieben entscheiden und konzipieren zu können. Was hat mich beeinflusst, in welchem farblichen Kontext bin ich aufgewachsen, gibt es negative Assoziationen zu Farbe, zu Material?

Am Schluss ein persönliches Erlebnis, welches ich bei der Besichtigung der Villa Cavrois von Robert Mallet-Stevens diesen Herbst in Croix hatte, welche oben in den Bildern zu sehen ist Ein Gebäude ganz aus gelbem Klinker – gelber Klinker den ich bislang nur in Verbindung mit spießigen Mäuerchen um Kleinstadtgärten in Verbindung gebracht hatte, als rustikalen Klinker im Norden Deutschlands mit dem ach so geliebten „mediterranem Flair“ oder sogar noch „unehrlicher“, als Flachverblender zur Gestaltung von Fassaden, aber bitte  im optischen Erscheinungsbild von Klinkern…

Hier als „ehrlicher“  Klinker eingesetzt hat er mich in der Konsequenz überwältigt, berührt und mein Bild von dem „ungeliebten“ Klinker nachhaltig verändert.